28. Juni 2015 Abschlussfeier Kräuterakademie 2105

21 Referenten und Referentinnen luden zu einem spannenden Angebot an Themen aus der Pflanzenwelt zu ihrem pädagogischen Abschluss an der Kräuterakademie Jahrgang 14-15 Kurs AB ein. Ob einen Erfahrungsbericht um den Klostergarten „hinter den Mauern des Kloster Chams“, „Wilde Früchte suchen, ernten,  rühren  und Wildfruchtkonfitüre“ daraus herzustellen, das „Nutzen von Pflanzen, Sträuchern und Bäumen in Überlebenssituationen“, der eigenen „Kräuterspirale im Küchengarten“, einzelnen Kräutern wie der Schafgarbe „“Achillea millefolium“, des Storchenschnabels „Geranium robertianum L.“, der Ringelblume „ Calendula officinalis“, der eigenen „Hausapotheke aus der Natur“ oder „Räuchermischungen selbstgemacht aus Pflanzenschätzen rund ums Haus“, um nur einige Referate zu nennen, Langeweile würde sicher nicht aufkommen, höchsten die Qual sich für eines der spannenden Themen entscheiden zu müssen und die andern nicht hören zu können.

Mitkräuter – meine 7 treuen Begleiter (Regina Steiner Fässler)

In unserer Ausbildung haben wir gelernt, dass es keine Unkräuter gibt. „Unkräuter“ nennen wir seither „Mit- oder Beikräuter“. Das Schwierige an ihnen ist für uns oftmals, dass wir das Gefühl haben, dass sie in zu grosser Menge am falschen Ort gedeihen und so das, was wir dort gerne wachsen sehen würden verdrängen. Diese Sichtweise wurde von Regina Steiner in ihrem Referat widerlegt. Zwar geht es ihr nicht um die  umgangsprachlich Jät genannten Pflanzen, sondern um Pflanzen, die rund ums Haus und an den täglich genutzten Wegen gedeihen und sie dadurch durch das ganze Pflanzenjahr begleiten.

Mit feinen Bleistifstrichen hat sie versucht die Pflanze in Gestalt festzuhalten, sie genauer zu erfassen und auch ihre Feinheiten zu entdecken. Meditationen mit den Pflanzen halfen ihr, das Wesen der Pflanzen zu erforschen und sich so ein ganzheitliches Bild der Pflanze zu machen. So begleiten die Pflanzen sie mit alle ihren Bestandteilen durch das ganze Jahr.

So stellte den Zuhörern das Gänsefingerkraut vor, dass einerseits ein sonniges Wesen durch seine gelben Blüten hat, aber auch durch seine silbernschimmernden Blätter dem Mond zugeordnet werden kann. Ein Tee während des Monatszyklus aus den Blättern des Gänsefingerkrauts findet daher seine schmerzstillende Anwendung.

Von der Knoblauchrauke ein Blatt aufs Frühstückbrot bereichert das Morgenessen kulinarisch. Da die Blätter aber nur bis in den Frühsommer zart sind, lässt sich für den Rest des Jahres ein Pesto für den Vorrat herstellen und nutzen.

Das Bachbungenehrenpreis mit seinen lieblichen blauen Blüten findet bei Regula Steiner seine Anwendung in einem Quinosalat. Die Blätter fein geschnitten im Salat, die Blüten dekorativ auf dem Salat.

Wer sie möge, der finde sie, sagt ein Sprichwort über die Gundelrebe. Aus ihr kann eine Heilsalbe hergestellt werden, die bei verschiedenen Hautverletzungen angewendet werden kann.

Die Wirkstoffe des Spitzwegerichs sind weit um bekannt. In Lutschbonbons lindern sie nicht nur Halsschmerzen und Husten.

Die Bachnelkenwurz mit ihrem stolzen Wuchs ist bekannt dafür, dass sie bei Zahnleiden hilfreich sein kann. Eine Zahnspülung tut da sicherlich gute Dienste.

Der Hohlzahn gehört eher in die Wildkräuterküche. Durch seinen eher neutralen Geschmack lässt er sich gut unter Salat mischen und hilft da vielleicht schon etwas vorbeugend gegen Husten.

Dass die Faszination dieser Mitkräuter in ihrer Vielfalt und liegt, hat Regula Steiner mit Begeisterung aufgezeigt. Ihre Kräuter sind einfach ohne irgendwelches zutun da und warten darauf, entdeckt zu werden.

 

Wegwarte (Elisabeth Vetsch)

Elisabeth Vetsch hat sich mit der Wegwarte als Diplompflanze intensiv auseinander gesetzt. Um die Pflanze besser beobachten zu können, hat sie sich sogar eine auf den Sitzplatz geholt.

Um die Wegwarte ranken sich Sagen und Legenden, sie wird in Liedern und Gedichten besungen. Dennoch ist die stolze Pflanze eigentlich eine ganz schlichte Pflanze. Die Vielzahl ihrer feinen blauen Blüten fallen auf, oft steht sie aber auch einfach ungeachtet am Wegesrand.

Alle Pflanzenteile enthalten mehr oder weniger Bitterstoffe, die appetitanregende, verdauungsfördernd, harntreibend,  hautregenerationsfördernd ins besondere bei Akne, stessreduzierend und sogar bei leichten Verstimmungen helfen können.  Alle Teile können in Tees genutzt werden, vor dem Essen appetitanregend, nach dem Essen gegen Völlegefühl.
Schon Hildegard von Bingen schätzte die Bitterstoffe des Zicchoriengewächses, dessen Kulturformen auch heute noch häufig als Salate (Chicorée, Radicchio, Endivie, Zuckerhut) den Weg auf unsere Esstische finden,.
Zu Zeiten, als Kaffeegenuss noch den wohlhabenden Leuten vorbehalten war, suchte sich das Bürgertum Ersatz.  Einer davon war der Zicchorienkaffee (heute noch bekannt als Incarom).

Elisabeth Vetsch hat sich diesen Kaffee auch zubereitet. Dazu hat sie die Wurzeln der Wegwarte vorsichtig geröstet – es habe in der ganzen Küche ein feiner Kaffeeduft verbreitet – und diese mit Feigen noch abgeschmeckt. Aufgebrüht hätte dies einen Kaffee ergeben, der tatsächlich ein feines langanhaltendes Kaffeearoma gehabt habe. Leider waren die daraus hergestellten Espressomuffins bei den Besuchern sehr begehrt und ein Test war nicht mehr möglich.

 

Heilkundige Frauen – von den Sumerern bis in die Gegenwart (Bettina Behr Spettel)

Dass die Heilkunst häuftg vom Wissen der Frauen geprägt war, dieser Aussage ging Bettina Behr in ihrer Diplomarbeit nach. Ein  sehr spannendes und arbeitsreiches Thema, dem grosse Beachtung geschenkt werden darf, um den Ruf der Wissenden – weissen – Frauen ins rechte Licht zu rücken.

Bei ihren Recherchen ist Bettina Behr bei den Sumerern ca. 3500 v. Chr. erstmals fündig geworden. Zwar fand sie keine konkreten Beweise über Frauen, die die Kunst des Heilens angewendet haben, dafür sind aber aus dieser Zeit rund 800 Rezepte überliefert, die sicherlich nicht nur von Männern geschrieben wurden. Die erste schriftlich genannte Frau in der Heilkunde findet sich in ägyptischen Aufzeichnungen. Merit-Ptah wurde dabei als Ärztin erwähnt. Der griechischen Ärtzin Agnodike gelang es in einer männerdominierenden Gesellschaft als Mann verkleidet Medizin zu studieren und zu praktizieren. Nach dem ihr Betrug öffentlich wurde, drohte ihr die Todesstrafe, der sie dank der Führsprache ihrer dankbaren Patientinnen entging. Auch die römischen Ärtzinnen Origenia und Eugerasia haben dank ihrer Erfolge Erwähnung in Niederschriften gefunden. In der frühchristlichen Blütezeit (30 n.Chr. – ca. 476 n. Chr.) findet vor allem das Wirken der heiligen Verena Beachtung. Aus dem Früh- und Hochmittelalter ist uns Hildegard von Bingen bestens bekannt. Unzählige Schriften von ihr finden auch heute noch Beachtung. Sie hat rund 485 Pflanzen portraitiert, ihre Wirkung und Anwendung festgehalten. Daneben ist Trotula von Salerno relativ unbekannt, obwohl sie, gegen die Weisungen der Kirche, erste Entbindungen als Kaiserschnitt ausführte und die Kinderlosigkeit eines Paare auch auf den Mann zurückführte. Im Spätmittelalter machte sich Marie-Louise Bourgois als Hebamme von Maria von Medici am französischen Hof einen Namen. Nach dem die eine Patientin verloren hatte, war es ihr aber nicht mehr möglich, in ihrem Beruf zu arbeiten. Sie gab aber ihr Wissen weiter und verfasst mehrere Bücher darüber. Marie Heim-Vögtlin promovierte als erste Ärztin in der Schweiz 1862. Ihr Werdegang mit allen Steinen, die sie aus dem Weg räumen musste, hat Evelin Hasler in ihrem Buch „ „ festgehalten.

Es sind aber nicht nur die erwähnten Frauen, die grosse geleistet haben. Viele weitere sind aus Sammlungen gelöscht worden, so dass ihr Wissen leider weitgehend verloren gegangen ist oder von andern (meist Männern) als ihr eigenes ausgegeben wurde.

 

Blaufärberei mit Waid (Andrea Kyburz)

„Blau“ wurde im Mittelalter regelmässige gemacht, wenn die Tücher und Fasern nach dem Färbebad auf der Leine hingen. Dann mussten die Färber nämlich darauf warten, dass diese während dem Trocknen blau wurden. Somit hatten sie Freizeit oder eben wie es damals hiess, sie machten „blau“, nämlich blaue Stoffe und Fasern.

Andrea Kyburz ist über das Modul von Alexandra auf ihr Thema gestossen. Sie hat Waid angepflanzt und dann versucht herauszufinden, wie sie mit dieser Pflanze umgehen muss, um sie als Färbepflanze nutzen zu können.

So führt Andrea den Anwesenden vor, wie sie ihre Textilien in der Küppe reifen lässt und erzählt während dieses Prozesses über ihre Erfahrungen und die geschichtlichen Hintergründe der Blaufärberei, bevor das einfacher anwendbare Indigo Europa erobert hat. Die Spannung der Zuschauer steigt, als Andrea ihr Färbgut aus der der gelblichen Küppe zieht, von Blau noch keine Spur. Sobald aber die Textilien mit Sauerstoff „in Berührung“ kommen, geschieht magisches – sie färben sich blau – „wir“ haben „blau gemacht“.

 

Waschen mal anders oder … vier Plfanzenportraits und dir praktische Anwendung der Seifenstoffe (Maja Viazzoli)

In der Vorstellung von Maja Viazzoli waschen die in Schlüsselblumen enthaltenen Saponine buchstäblich die Lungen frei – Erkältungen werden „weggewaschen“. Da die Schlüsselblume aber zu den geschützten Pflanzen gehört, ist sie in der Heilkunde richtig eingesetzt.

Wer sich mit Heilmitteln für Erkältungskrankheiten auskennt, weiss, dass Saponine auch Bestandteil in andern Pflanzen sind. Saponine gehören zu den sogenannten waschaktiven Substanzen, das heisst, sie können Schaum bilden und damit Schmutz einschliessen und entfernen.

Werden Efeublätter zerkleinert und mit Wasser kräftig verschüttelt, lasst sich die Schaumbildung gut beobachten. In Rosskastanien ist ein weit höherer Anteil und im Seifenkraut ist der Anteil sogar so gross, dass sich Schaum mit wenig Wasser in der Hand erzeugen lässt.Maja Viazzoli hat diese drei Pflanzen für die Wäsche zu Hause ausgetestet. In einem Nylonstrumpf eingeknotet können die Pflanzen sogar Waschmittel in der Waschmaschine ersetzen. Im Gegensatz zu den bekannten Waschnüssen, kann also auch mit einheimischen Pflanzen sauber gewaschen werden. Natürlich sind die Resultate etwas gewöhnungsbedürftig, strahlend weisse Textilien werden eher nicht erreicht, insbesondere, wenn Efeu verwendet wird. Dennoch, es geht auch mit Hilfe der einheimischen Pflanzen.